Zusammenfassung
14% aller Familien mit Kindern im Vorschul- bzw. Pflichtschulalter in Österreich sind so genannte Ein-Eltern-Familien; dabei handelt es sich um 114.400 Familien, in denen 160.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren leben. Die Lebenssituation Alleinerziehender und ihrer Familien ist häufig von einer Vielzahl stressauslösender und belastender Faktoren gekennzeichnet.
Besonders auffallend ist das – trotz hoher Erwerbsbeteiligung – deutlich erhöhte Armutsgefährdungsrisiko von alleinerziehenden Müttern. Sie sind einem mehr als doppelt so hohen Armutsgefährdungsrisiko ausgesetzt wie die österreichischeGesamtbevölkerung (12%). Bei alleinerziehenden Vätern entspricht das Armutsrisiko hingegen dem Durchschnittswert. Ausgehend von dieser Problematik stehen im Fokus dieser Studie die Lebenslagen alleinerziehender Frauen1, 2.
ZIELSETZUNG UND FORSCHUNGSDESIGN
Die vorliegende Studie arbeitet mit einem Mehrmethoden-Ansatz, der quantitative und qualitative Forschungszugänge inkludiert, und hat folgende Zielsetzungen:
- Darstellung und Analyse der Lebenssituation Alleinerziehender, mit besonderem Fokus auf die Situation alleinerziehender Mütter.
- Aufzeigen bzw. Analyse von Armuts- und Deprivationsrisiken, die auf Alleinerzieherinnen einwirken.
- Skizzierung von Interventionen zur Reduktion der Armutsgefährdung von Ein-Eltern-Familien.
Ziel der quantitativen Datenauswertung ist einerseits eine Darstellung der Lebenssituation von Alleinerziehenden in Österreich auf Basis publizierter Daten (Familien- und Haushaltsstatistik, EU-SILC, Generations and Gender Survey [GGS]) und mit besonderem Schwerpunkt auf alleinerziehende Frauen. Andererseits wurden Sonderauswertungen folgender Datensätze vorgenommen: Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2009, EU-SILC 2008 sowie Generations and Gender Survey. Diese Sonderauswertungen haben das Ziel, die Situation sowie insbesondere die Armutsgefährdungs- und Deprivationslagen von Alleinerziehenden detaillierter darzustellen.
Definitionen: Ein-Eltern-Familien bzw. Alleinerziehende sind in den verschiedenen Datensätzen und Publikationen unterschiedlich definiert. Als Ein-Eltern-Familien bzw. Alleinerziehende3 gelten im Mikrozensus und im GGS-Datensatz Haushalte, in denen mindestens eine erwachsene Person und mindestens ein Kind4 leben. Es können weitere erwachsene Personen (z.B. Großeltern) im Haushalt leben, aber kein Partner. EU-SILC bezieht sich auf Haushalte, in denen genau eine erwachsene Person und mindestens ein Kind5 lebt.
Ziel der qualitativen Datenerhebung und -auswertung ist eine Darstellung der Situation und Lebensbedingungen von Alleinerzieherinnen sowie das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Verbesserung dieser Situation (insbesondere hinsichtlich Armut- und Deprivationsgefährdung) aus Sicht von Betroffenen und Multiplikator/-innen. Es wurden problemzentrierte Leitfadeninterviews mit zwölf Wiener Alleinerzieherinnen, die zwischen 24 und 49 Jahre alt sind und Kinder im Alter von drei bis 14 Jahren haben, durchgeführt. Zusätzlich wurden Interviews mit 18 Expert/-innen und Multiplikator/-innen, welche in ihrem beruflichen Alltag mit Alleinerziehenden beschäftigt sind, geführt. Weiters wurden im Rahmen eines multi-disziplinären Workshops mit Expert/-innen und Multiplikator/-innen Empfehlungen für politisches Handeln, welche eine Reduktion der Armutsgefährdung von Alleinerziehenden zum Ziel haben, entwickelt und diskutiert.
1 Die Gründe für diese Schwerpunktsetzung sind folgende: Mehr als 90% aller Alleinerziehenden mit Kindern im Vorschul- bzw. Pflichtschulalter sind Mütter. Ihr Armutsgefährdungsrisiko ist überdurchschnittlich hoch und liegt weit über jenem alleinerziehender Väter. Weiters erlauben die Fallzahlen alleinerziehender Väter in den verschiedenen Datensätzen vielfach keine differenzierten Auswertungen.
2 Zur besseren Einordnung der Ergebnisse wurde die Situation von Alleinerzieherinnen verglichen mit jener von Frauen, die in einer Zwei-Eltern-Familie leben.
3 In der vorliegenden Studie werden die Begriffe Alleinerziehende und Ein-Eltern-Familien synonym verwendet.
4 Als Kinder gelten in der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung sowie im GGS alle mit einem Elternteil im selben Haushalt lebenden leiblichen, Stief- und Adoptivkinder unter 15 bzw. unter 27 Jahren, die wirtschaftlich abhängig sind.
5 Definition „Kind“ EU-SILC: unter 16 Jahren bzw. unter 27 Jahren, wenn es wirtschaftlich abhängig ist (also nicht erwerbstätig ist, z. B. in Ausbildung). Lehrlinge sind nicht inkludiert.